Lösungsorientierter Sachverständiger

Als lösungsorientierter Sachverständiger wird man durch das entsprechende Familiengericht in anhängigen Sorge- oder Umgangsrechtsverfahren bestellt. Hierbei sollte man stets erst versuchen, Streitpotential zwischen Eltern abzubauen und eine einvernehmliche Lösung anzustreben, weil die seelischen Belastungsfolgen für Kinder dann am geringsten sind. Erst wenn dieser Versuch definitiv gescheitert ist, soll dem Gericht ein konkreter Entscheidungsvorschlag unterbreitet werden.

Der Sachverständige wird sich im Gespräch einen eigenen Eindruck davon verschaffen, ob und ggf. wie stark, und durch wen das Kind bereits instrumentalisiert, d. h. auf subtile Weise und häufig unbemerkt so „beeinflusst“ wurde, dass seine Beziehung zum anderen Elternteil – im Extremfall bis zur totalen Umgangsverweigerung (PAS) – gestört ist.
Auch hier geht es zunächst um Information und Aufklärung gegenüber den Kindeseltern, diesmal zur psychischen Lage und den Bedürfnissen trennungsbetroffener Kinder. Dabei wird aufgezeigt, dass bei einer Trennung deren Bedürfnisse und Interessen in der Regel andere sind als die von Erwachsenen. Während sich die einstigen Partner am liebsten für immer aus dem Weg gehen möchten -häufig will dies auch nur einer-, bleiben Kinder auf ihre Familie, vor allem ihre Eltern, fixiert und wünschen sich deshalb das genaue Gegenteil – möglichst viel Nähe zu beiden.
Da durch die Aufklärung der Eltern meist deren Bereitschaft, einander zuzuhören, angestiegen ist und da kein Elternteil seinem Kind bewusst schaden will, können jetzt im Verlauf des gemeinsamen Gesprächs Ressourcen freigelegt werden, die keiner gesehen hat, so lange die Aufmerksamkeit im Verlauf des Rechtsstreites ausschließlich auf den eigenen „Sieg“ gerichtet war. Die Folge: Mit Unterstützung des Sachverständigen werden jetzt von den Eltern Lösungen entwickelt, die bis dahin, obwohl manchmal genauso bereits von anderer Seite vorgeschlagen, kategorisch abgelehnt wurden.

Vgl. dazu Jopt, U. & Behrend, Katharina (2000). Das Parental Alienation Syndrome (PAS) – Ein Zwei-Phasen-Modell. ZfJ, 223-231 und 258-271; Jopt, U. & Zütphen, Julia (2002). Elterliche PASsivität nach Trennung. – Zur Bedeutung des betreuenden Elternteils für die PAS-Genese -. In: T. Fabian, G. Jacobs, Sabine Nowara & Irmgard Rode (Hrsg.), Qualitätssicherung in der Rechtspsychologie. Beiträge zur rechtspsychologischen Praxis. Band 2. Münster: LIT Verlag.